Was bisher geschah…

Dezember 5, 2019

Was bisher geschah…

Ein 1 und 1 über was wir wollen, was mit der Frankfurter Allee 187 ist, wer die BIM eigentlich ist und sonst noch einige Sachen, die unserer Meinung nach falsch laufen.

Am 28. September 2019 wurden die Häuser an der Frankfurter Allee 187 besetzt. Das war der Anfang von diesem Prozess, aber keineswegs der Anfang der Geschichte der Häuser… und den Versuchen, die Häuser sinnvoll zu nutzen. Wir sind die Initiative, die sich seit Oktober 2019 an dem neuesten Versuch ran macht und gerade mit der BIM über eine Zwischennutzung verhandelt. Zu unserem Grundsatz gehört, dass die Nutzung ein Projekt gegen Gentrifizierung und mit dem Kiez sein soll. Unser Ziel ist ein soziales Zentrum, das aber nur gemeinsam zusammen mit den Anwohner*innen und allen an einer anderen Stadtpolitik Interessierten verwirklicht werden kann. Daher möchten wir gerne Euren Ideen und Vorstellungen in den Prozess einfließen lassen.

Die Frankfurter Allee 187, „Haus 12“

Wie viele wissen, gehören die Häuser des Blocks zwischen Frankfurter-, Rusche-, Normannen- und Magdalenenstraße zum ehemaligen Stasi-Gelände. Nach der Wende herrschte hier größtenteils Leerstand. Die drei Häuser, die wir uns aneignen wollen, liegen an der Ecke Frankfurter/Magdalenenstraße und werden als ‚Haus 12‘ bezeichnet. Bis 2010 war dort ein Bürgeramt, danach standen sie leer. 2015 wurden die Häuser von der BIM schadstoffsaniert und befinden sich jetzt in einem kargen, aber stabilen Zustand. 2017 wurde in Zusammenarbeit des Senats und der freien Szene geplant, das gesamte Haus 12′, d. h. ca. 70 Räume, spartenübergreifend für künstlerisches Arbeiten (Ateliers, Probe-, Produktions-, und Projekträume) herzurichten. Eine Machbarkeitsstudie wurde in Auftrag gegeben, aber von der BIM nicht veröffentlicht. Nach langer Zeit unklarer Aussagen und wegen des Interesses des Bundes, das ‚Haus 12′ im Rahmen der Planungen in den „Campus der Demokratie“ zu integrieren, wurde dieses Vorhaben seitens der Senatsverwaltung für Kultur abgesagt. Nach der kurzzeitigen Besetzung am 28. September hat die BIM Verhandlungen über die Nutzung zugesagt. Die beiden bereits stattgefundenen Verhandlungstermine waren öffentlich, wie auch der kommende Termin, der im neuen Jahr stattfinden wird.

Die BIM

Die BIM (Berliner Immobilien Management GmbH) besitzt und verwaltet die Immobilien Berlin’s und ist die aktuelle Eigentümerin des Hauses. Sie gehört zu 100% dem Land Berlin und ist Nachfolgerin des Liegenschaftsfonds. Aktuell verwaltet sie ca. 5500 Immobilien; wie viele davon leer sind, ist unbekannt. In der Hochzeit des neoliberalen Ausverkaufs der Stadt war sie vor allem dazu da, städtisches Eigentum zu veräußern. Jetzt, wo sichtbar wird, dass diese Politik ins Leere führt, werden – nach Eigenaussage der BIM – nur noch kleine Arrondierungsflächen verkauft. Unser Haus wurde dem Kultursenat unterstellt, der perspektivisch, irgendwann – Ateliers realisieren wollte, bevor dann dafür das Aus kam, weil der Bund (über die BIMA, Bundesanstalt für Immobilienaufgaben /Pendant des Bundes zur BIM), die Finger nach der Frankfurter Allee 187 ausgestreckt hatte. Der Bund hat sich der Idee verschrieben, auf dem ehemaligen Stasi-Gelände den sogenannten Campus der Demokratie‘ zu entwickeln. Dieser Campus, das neueste Kind des angeblich moralischen Siegeszuges über den Osten, beurteilen wir als äußerst kritisch.

Wie die letzte ‚Standortkonferenz‘ im November zeigte, scheint er auch wenig Rückhalt vor Ort zu haben. BIM-Geschäftsführer Lemiss hat beim 2. Verhandlungstermin geäußert, dass, wenn die Planungen zur FA 187 als Teil eines Campus der Demokratie‘ scheitern, die FA 187 voraussichtlich wieder von der Senatsverwaltung für Kultur und Europa (SenKuE), dem Lederer-Senat, für dessen eigenen Planungen beansprucht werden könnte.

Die Pioniernutzung und das Haus der Statistik

Was die Verhandlungen mit der BIM bis jetzt konkret ergeben haben, ist das Angebot einer Zwischennutzung, von der BIM ‚Pioniernutzung‘ genannt. Der Begriff entstand im Kontext des Hauses der Statistik (HdS), wo temporäre Nutzungen bis zur Fertigstellungen der Planungen für eine endgültige Nutzung des Gebäudes ermöglicht werden sollen. Das Ganze ist ein Prestigeprojekt des Senats und der BIM an einem sehr sensiblen Punkt des Umgangs mit der Geschichte der ehemaligen DDR. Gleichzeitig ist es ein Kraftakt der Initiative Haus der Statistik‘, die sich in einem langen und sehr aufwendigen Prozess von Verhandlung und unter Einbringung von viel Eigenarbeit, jedoch wie wir finden unter mäßig günstigen Vertragsbedingungen enthusiastisch für eine innovative Lösung einsetzt.

Warum WIR keine Pioniere sind und was wir stattdessen wollen

Wenn es so etwas wie ‚solidarische Abgrenzung‘ gibt, kann damit unser Verhältnis zum Pionierprojekt HdS aus mehreren Gründen folgendermaßen beschrieben werden:

1) Situation und Zukunftsaussichten beider Projekte sind ganz unterschiedlich einzuschätzen: wo beim HdS die Aussicht auf eine dauerhafte Nutzung als Standort für Kulturelles und Soziales geplant ist, geht es bei der Frankfurter Allee um eine Zwischennutzung an einem Ort, an dem etwas ganz anderes geplant wird. Es kann also nicht von einem Pionierprojekt‘ gesprochen werden.

2) Wir beabsichtigen nicht, ein Prestigeprojekt zu werden. Wir sehen die Wohnungspolitik des Senats und die Liegenschaftspolitik der BIM sehr kritisch. Die Besetzung am 28.09. und die zukünftige Nutzung sind Ausdruck dieser Kritik. Wir wollen damit aufzeigen, wie WOHNUNGSPOLITIK ANDERS geht, wenn wir sie SELBER MACHEN und den LEERSTAND SELBST IN DIE HAND nehmen. Senat und BIM sind unsere institutionellen Gesprächspartner, keine Verbündete.

3) Wohl der schwerwiegendste Punkt, soll die Frankfurter Allee 187 ein Ort gegen die Gentrifizierung in Lichtenberg werden. Es geht nicht darum, eine Pionierleistung zu erbringen, erste Schritte in unbekanntes Land zu setzen oder den Weg frei zu machen, für neue, „innovative“ Projekte, im Gegenteil geht es darum, Menschen und Lebensweisen, die verdrängt werden, in Lichtenberg und anderswo, wieder fester in den Kiez zurück zu holen und zu verankern.

Es ist unsere größte und schwierigste Aufgabe, die Zwischennutzung nicht zur zwischenzeitlichen Aufwertung werden zu lassen! Wir sind uns bewusst, dass der Fakt der Zwischennutzung selbst, der aktuell ausgehandelt wird, die Aufwertungslogik nur zeitweilig aufzuschieben vermag, weshalb die Art der Nutzung und eine langfristige Perspektive so entscheidend sind.

Unsere Gedanken zum neuen:

Wir bevorzugen deshalb bei den Verhandlungen zur FA 187 ein Modell, bei dem Leerstand auf eine ganz niederschwellige und unprätentiöse Art beendet und angeeignet werden kann. Von und für Menschen aus der Nachbarschaft, die keine Stadtplaner*innen und Pioniere, Konsument*innen und Aufwerter*innen sind.

Konkret heißt das…

Konkret heißt das in erster Linie: dieses Projekt ist nur mit der Nachbarschaft möglich und soll sich nach deren Bedürfnissen richten. Aktive Beteiligung ist daher gefragt.

Unsere Orientierungspunkte sind:

1) Gruppen und Menschen , die gerade verdrängt werden oder davon bedroht sind, z.B. durch Beratungsangebote oder die Bereitstellung von Unterkünften anzusprechen

2) einen Ort der Solidarität, ohne Konsumzwang zu schaffen, wobei uns der Wert von sinnvollem Kleingewerbe bewusst ist und dieses nicht ausgeschlossen werden sollten.

3) einen Raum für kollektives künstlerisches Schaffen und handwerkliche Tätigkeit bereitzustellen, um der Entfremdung von Wohnen und Schaffen in den Kiezen entgegen zu wirken.

Wir sehen uns in einem Prozess, in dem wir uns noch voran tasten, und ihr seid herzlich eingeladen, daran Teil zu nehmen.